Freiberufler oder doch gewerbepflichtig?

Am Anfang steht für Existenzgründer die Suche nach einer zündenden Geschäftsidee. Ist diese gefunden, rücken die formalen Voraussetzungen für den Weg in die Selbstständigkeit sehr schnell in den Fokus. Ganz konkret geht es oft um die Frage, ob es sich um eine freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit handelt. Mehr noch: In einigen Fällen kann die Abgrenzung so komplex sein, dass es keine einfachen Antworten gibt. Und es gibt auch Freiberufler, die durchaus gewerbepflichtig werden können. Insgesamt sollte deutlich werden, dass nur eine Prüfung der persönlichen Voraussetzungen eine verlässliche Antwort herbeiführen kann. Daher sollten Gründer sich beraten lassen, um von Beginn an ein hohes Maß an Planungssicherheit nutzen zu können.

In diesem Beitrag können Sie nachlesen,…

  • unter welchen Voraussetzungen Freiberufler gewerbepflichtig sein können.
  • wie Sie herausfinden, ob Sie ein Gewerbe anmelden müssen.
  • was es mit gemischten Tätigkeiten auf sich hat.
  • dass es auch untrennbare Tätigkeiten gibt.


Was zeichnet eine freiberufliche Tätigkeit aus?

Ist diese grundsätzliche Frage geklärt, fällt die Einordnung der eigenen selbstständigen Tätigkeit oft leichter. Die rechtliche Grundlage und Beispiele für freie oder katalogähnliche Berufe findet sich in § 18 des Einkommenssteuergesetzes. Weitere Details können Sie in unserem interessanten Artikel „Müssen Freiberufler ein Gewerbe anmelden“? (https://www.gewerbeanmeldung.de/muessen-freiberufler-gewerbe-anmelden) nachlesen.

Ein Freiberufler weist besondere Fachkenntnisse auf, die formal mit einem Hochschulabschluss nachgewiesen werden können. Er erbringt seine Leistungen mit einer gewissen künstlerisch-kreativen Schöpfungshöhe selbst, was ein zentrales Kriterium für eine freiberufliche Tätigkeit ist. Erbringt ein Freiberufler seine fachlich unabhängigen Leistungen nicht in Eigenverantwortung bzw. aus eigener Hand, so ist die Gewerbepflicht zu prüfen. Das ist etwa der Fall, wenn ein eigentlich freiberuflicher Übersetzer ein Übersetzungsbüro gründet. Die Grenzen zwischen Freiberufler und Gewerbetreibendem sind fließend, sodass es in den meisten Fällen keine exakte Abgrenzung geben kann. Sobald sein Freiberufler seine Kernkompetenz überschreitet und z. B. als Verkäufer tätig wird, ist mit einem gewerblichen Tätigkeitsanteil zu rechnen. Dieser wäre gemäß § 14 Gewerbeordnung dann anzeigepflichtig.
 

Beispiele für freiberufliche Tätigkeiten, die auch von der Gewerbepflicht betroffen sein können

Auf dem Papier sind freie Berufe vermeintlich klar definiert, sodass es beim Finanzamt keine Probleme bei der Anerkennung geben dürfte. Das Finanzamt ist der richtige Ansprechpartner für die Anerkennung als Freiberufler sowie für die steuerliche Erfassung der Tätigkeit. Trotz vermeintlicher Klarheit gibt es in der Praxis zahlreiche gemischte Tätigkeiten. Dabei handelt es sich um Freiberufler, die trotz ihres Status gewerbepflichtig werden können. Eigentlich liegt es ja im Wesen der Freiberuflichkeit, kein Gewerbe anmelden zu müssen. In folgenden Fällen kann es sein, dass ein Freiberufler auch ein Gewerbe anmelden muss:

  • Beispiel Architekt: Eigentlich arbeitet ein Architekt freiberuflich. Verkauft er aber auch Immobilien, so wäre diese Tätigkeit in seinem Leistungsspektrum klar gewerblich. Sie müsste beim zuständigen Gewerbeamt angezeigt werden, beide Tätigkeiten wären buchhalterisch zu trennen.

  • Beispiel Augenarzt: Prinzipiell ist ein Arzt Freiberufler, eine Gewerbeanmeldung wäre somit nicht notwendig. Falls er aber in seiner Praxis auch Kontaktlinsen oder eigene Produkte verkauft, so würde es sich hierbei um eine anzeigepflichtige gewerbliche Tätigkeit handeln.


Wann wird ein Freiberufler gewerbepflichtig?

Die beiden Beispiele zeigen, dass an sich unstrittige Freiberufler durchaus auch der Gewerbepflicht unterliegen können. Davon ist auszugehen, wenn sie abgesehen von ihrem klaren Qualifikationsprofil eine verkäuferische Tätigkeit ausüben. Ein Blick in die Gewerbeordnung zeigt, welche Tätigkeiten als gewerblich zu sehen sind. Vor diesem Hintergrund ist das Leistungsspektrum als Freiberufler ganzheitlich zu analysieren, um Ansatzpunkte für die etwaige Notwendigkeit einer Gewerbeanmeldung zu prüfen.
 

Praxistipp für Gründer: Woher weiß ich, ob ich Freiberufler oder Gewerbetreibender bin?

Bis hierhin dürfte deutlich geworden sein, dass eine klare Abgrenzung zwischen Gewerbe und Freiberuflichkeit nicht immer klar gegeben ist. Im Einzelfall kann es sich durchaus um eine Gratwanderung handeln. Die beiden Beispiele haben gezeigt, dass das selbst für an sich ganz klare freiberufliche Tätigkeiten gelten kann.


Wer sich unsicher ist, sollte sich beraten lassen!

Insofern sind Existenzgründer gut beraten, frühzeitig das Gespräch mit dem Finanz- und Gewerbeamt zu suchen. Unter fachkundiger Beratung wird schnell klar, unter welchen formalen Voraussetzungen die selbstständige Tätigkeit aufgenommen werden darf. Wer eine freiberufliche Tätigkeit rechtfertigen möchte, wird klar argumentieren müssen und auf eine schöpferische Begabung durch eine besondere Qualifikation hinweisen müssen. Freiberufler müssen sich im Klaren darüber sein, dass sie ihren Status nur behalten, wenn die wesentlichen Merkmale dieser Tätigkeit erfüllt sind und keine Anhaltspunkte für eine gewerbliche Tätigkeit zu finden sind. Ein weiterer Ansprechpartner neben den zuständigen Ämtern kann das Institut für freie Berufe sein. Existenzgründer können sich im Zweifelsfall auch an einen Steuerberater wenden. Wer sich ein noch genaueres Bild verschaffen möchte, kann Urteile zur Abgrenzung und Freiberuflichkeit und Gewerbebetrieb (https://www.steuertipps.de/steuererklaerung-finanzamt/finanzamt/urteilsliste-freiberufliche-und-gewerbliche-taetigkeiten) prüfen. Aber Vorsicht: Es reicht nicht, sich nur pauschal auf ein vermeintlich passendes Urteil zu beziehen. Im Einzelfall ist immer eine Prüfung unter Abwägung aller Faktoren notwendig.
 

Steuerliche Trennung von freiberuflichen und gewerblichen Einkünften erforderlich!

Liegt nach eingehender Prüfung eine so genannte gemischte Tätigkeit vor, so müssten beide Tätigkeiten buchhalterisch getrennt erfasst werden. Das kann ein erheblicher Mehraufwand sein, von den eigentlichen Vorteilen der freiberuflichen Tätigkeit bliebe nicht mehr viel übrig. Zu prüfen wäre also, ob der gewerbliche Teil der Tätigkeit wirklich aufrechterhalten werden soll.
 

Problem der klaren Abgrenzung: Gibt es untrennbare Tätigkeiten?

Ja, solche Tätigkeiten gibt es. Eine klare Abgrenzung einer freiberuflichen und gewerblichen Tätigkeit ist aber nicht immer möglich, sodass es zu Problemen mit dem Finanzamt kommen kann. Solche Abgrenzungsprobleme sind vorprogrammiert, wenn die Tätigkeiten in einem sachlichen und auch wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Zu denken ist etwa an einen niedergelassenen Arzt, der gleichzeitig eine so genannte Belegklink betreibt. In den meisten Fällen werden solche gemischten Tätigkeiten als gewerblich eingestuft. Im Einzelfall wird das Gesamtbild der Tätigkeit betrachtet, wobei die Einkünfte nicht die ausschlaggebende Rolle spielen. Entscheidend ist, welche Tätigkeit prägend ist und somit den Schwerpunkt ausmacht. Zahlreichen Entscheidungen zufolge ist in diesem komplexen Fall von der Notwendigkeit einer Gewerbeanmeldung auszugehen, wenn die freiberufliche Tätigkeit nur ein Nebenprodukt ist (und ohne die gewerbliche Tätigkeit gar nicht ausgeführt würde).


Fazit: Es gibt keine absolute Klarheit, sondern nur Einzelfallentscheidungen!

Die Ausführungen hier sind nur als grobe Leitlinien zu verstehen. Im Einzelfall kann sich die Lage anders präsentieren, wenn das Leistungsspektrum ganzheitlich von den zuständigen Ämtern beurteilt wird. Als Quintessenz lässt sich festhalten, dass Freiberufler sehr wohl gewerbepflichtig sein können. Die Anerkennung als Freiberufler ist nicht als Freifahrtschein zu verstehen, die eigentliche fachlich-schöpferische Kernkompetenz zu überschreiten.
 

Zusammenfassung: Alle wichtigen Aspekte auf einen Blick zur Frage ‚Freiberufler oder doch gewerbepflichtig?‘

  1. Die Übergänge zwischen freien Berufen und Gewerbepflicht können fließend sein, eine exakte Abgrenzung ist nicht immer möglich. Daher sollten Gründer mit Blick auf ihr Leistungsspektrum immer frühzeitig Fachberatung (Finanz-/Gewerbeamt) nutzen und so Planungssicherheit herbeiführen.

  2. In der Praxis finden sich zahlreiche Beispiele für gemischte Tätigkeiten, bei denen Freiberufler gewerbepflichtig werden können.

  3. Bei gemischten Tätigkeiten wären beide Einkunftsarten buchhalterisch getrennt zu erfassen. Das ist aber teils mit einem erheblichen Aufwand verbunden.

  4. Einige Tätigen sind so eng verwoben, dass sie als untrennbar einzustufen sind. Ein Blick auf die gesamte Tätigkeit kann dazu führen, dass sie insgesamt als gewerblich eingestuft wird.

Wichtig: Was ändert sich bei meiner Krankenversicherung nach der Gewerbeanmeldung?

Im Zuge Ihrer Gewerbeanmeldung sollten Sie sich nun zeitnah um Ihre Krankenversicherung kümmern. Als Selbstständiger sind Sie nicht mehr automatisch Pflichtmitglied in Ihrer gesetzlichen Krankenkasse und müssen sich dort auf Antrag befreien lassen. Die Beiträge werden nun nach Ihrem Einkommen erhoben. Die Kosten belaufen sich im Jahr zwischen...

 


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