In welchen Berufen gibt es die Meisterpflicht?

Wenn Sie vorhaben, sich mit einem Handwerksbetrieb selbstständig zu machen, gibt es bei vielen Handwerksberufen Anforderungen an Ihre Qualifikation. In einigen Handwerken ist es Pflicht, einen Meistertitel zu haben , die sogenannte Meisterpflicht. Außerdem gibt es zulassungsfreie Handwerke und handwerksähnliche Tätigkeiten. Sie können die Meisterpflicht für sich selbst als Gründer umgehen, indem Sie einen Mitarbeiter einstellen, der einen Meistertitel im entsprechenden Handwerk hat. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass Sie langjährige Berufserfahrung, eventuell auch in leitender Position, nachweisen können. Auch dann dürfen Sie ohne Meistertitel einen eigenen Handwerksbetrieb gründen.
Warum gibt es die Meisterpflicht im Handwerk?
Im Handwerk herrschten bereits im Mittelalter Marktzugangsbeschränkungen. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Meisterpflicht abgeschafft und wieder eingeführt. In Deutschland war sie seit 1935 Voraussetzung für die Selbstständigkeit im Handwerk. Seit 1953 gibt es ein Gesetz zur Ordnung des Handwerks. Darin wurde der Meisterbrief grundsätzlich zur selbstständigen Ausübung eines Handwerks verlangt. Die Meisterprüfung wurde als der „ große Befähigungsnachweis“ gesetzlich festgeschrieben, um einen eigenen Handwerksbetrieb zu eröffnen. 1961 gab es einen Urteilsspruch des Verfassungsgerichts, nachdem die Meisterpflicht die freie Berufswahl lediglich „zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsinteressen“ einschränken durfte. Schrittweise gab es dadurch einige Lockerungen, bis 2004 die wichtigste Lockerung in Kraft trat. Sie war Teil der „Schröderschen Agenda 2010“. Aufgrund der steigenden Arbeitslosigkeit in Deutschland lockerte die rot-grüne Bundesregierung die Meisterpflicht für 53 Handwerksberufe. Meisterpflicht bestand zuvor für 94 Handwerke. Ein neues Gesetz der Großen Koalition sieht vor, dass für 12 Berufe ab 2020 wieder die Meisterpflicht eingeführt werden soll. Von den betroffenen Verbänden und von der Opposition gab es damals wie heute Proteste und Gegenstimmen.
Meisterpflicht für ganz bestimmte Berufe
Folgende Handwerksberufe gehen mit der Meisterpflicht für die Selbstständigkeit einher:
- Bei Maurer und Betonbauer, Dachdecker, Zimmerer, Ofen- und Luftheizungsbauer, Straßenbauer, Brunnenbauer, Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer, Gerüstbauer, Schornsteinfeger
- Im Lebensmittelbereich: Fleischer, Bäcker, Konditoren
- Für Steinmetze und Steinbildhauer, Maler und Lackierer, Stuckateure
- Metallbauer, Büchsenmacher, Installateur- und Heizungsbauer, Klempner, Elektrotechniker, Elektromaschinenbauer
- Chirurgiemechaniker, Feinwerkmechaniker, Zweiradmechaniker, Karosserie- und Fahrzeugbauer, Kälteanlagenbauer, Kraftfahrzeugtechniker, Landmaschinenmechaniker, Informationstechniker, Zahntechniker
- Augenoptiker, Friseur, Glaser, Glasbläser, Glasapparatebauer, Hörgeräteakustiker, Orthopädieschuhmacher, Orthopädietechniker, Reifenmechaniker, Vulkaniseur.
- Wiedereinführung der Meisterpflicht für die folgenden Berufe ab 2020:
- Orgel- und Harmoniumbauer, Betonstein- und Terrazzohersteller, Fliesenleger/Plattenleger/Mosaikleger, Raumausstatter, Drechsler- und Holzspielzeugmacher, Böttcher, Estrichleger, Apparate- und Behälterbauer, Sonnenschutz- und Rollladentechniker, Glasveredler, Lichtreklame- und Schilderhersteller, Parkettleger.
Zulassungsfreie Handwerksberufe
In einigen Handwerksberufen ist es möglich, ohne Meisterbrief und ohne Meisterpflicht einen eigenen Handwerksbetrieb zu gründen . Das sind die sogenannten zulassungsfreien Handwerksberufe:
Uhrmacher, Metallbildner, Metall- und Glockengießer, Graveur, Gold- und Silberschmied, Schneidwerkzeugmechaniker, Feinoptiker, Edelsteinschleifer und -graveur, Vergolder
Damen- und Herrenschneider, Modisten, Sticker, Sattler und Feintäschner, Schuhmacher, Weber, Textilreiniger
Modellbauer
Holzbildhauer, Korbmacher, Kürschner, Glas- und Porzellanmaler, Keramiker
Segelmacher, Wachszieher, Gebäudereiniger
Brauer, Mälzer, Müller, Weinküfer
Buchbinder, Buchdrucker, Drucker, Fotografen, Flexografen, Siebdrucker, Schriftsetzer
Bogenmacher, Geigenbauer, Handzuginstrumentenmacher, Holzblasinstrumentenmacher, Klavier- und Cembalobauer, Metallblasinstrumentenmacher, Zupfinstrumentenmacher.
Selbstständig ohne Meisterpflicht in handwerksähnlichen Gewerben
Es gibt Betriebe, die Handwerksberufen sehr ähnlich sind. Dort gilt ebenfalls keine Meisterpflicht, wenn Sie sich in diesem Handwerk selbstständig machen möchten. Folgende Gewerbe zählen zu den handwerksähnlichen, ein Meisterbrief ist nicht erforderlich:
Bautentrocknungsgewerbe, Betonbohrer und -schneider, Bodenleger, Eisenflechter, Fuger im Hochbau, Holz- und Bautenschutzgewerbe, Rammgewerbe im Wasserbau, Rohr- und Kanalreiniger, Steindrucker
Metallschleifer, -polierer und Metallsägen-Schärfer
Daubenhauer, Holzleitermacher für Sonderanfertigungen, Holzschuhmacher, Holzblockmacher, Holzreifenmacher, Holzschindelmacher, Muldenhauer, Bürsten- und Pinselmacher, Gerber
Kabelverleger im Hochbau, die keine Anschlussarbeiten durchführen
Asphaltierer, die nicht im Straßenbau tätig sind
Hersteller von Drahtgestellen zu dekorativen Zwecken
Tankschutzbetriebe, die im Korrosionsschutz von Öltanks für Feuerungsanlagen tätig sind und keine chemischen Verfahren anwenden
Einbau von genormten Fenstern, Türen, Regalen oder anderen genormten Baufertigteilen
Bügelanstalten für Herrenoberbekleidung
Dekorationsnäher, die keine Schaufensterdekoration herstellen
Änderungsschneider, Appreteur, Dekateur Fleckteppichhersteller, Handschuhmacher, Klöppler, Kunststopfer, Plisseebrenner, Posamentierer, Schirmmacher, Stoffmaler, Stricker, Textil-Handdrucker, Theaterkostümnäher,
Einfache Schuhreparaturen ausführen
Ausbeiner, Fleischzerleger, Kuttler (Innerei-Fleischer)
Speiseeishersteller mit Vertrieb,
Getränkeleitungsreiniger, Schnellreiniger, Teppichreiniger
Kosmetiker, Maskenbildner
Bestatter
Sonderanfertigung von Lampenschirmen
Klavierstimmer, Schlagzeugmacher
Schlagzeugmacher
In all diesen Handwerksberufen gilt keine Meisterpflicht, um sich selbstständig zu machen. Dennoch ist es möglich, eine Meisterprüfung abzulegen. In der Handwerksordnung sind auch für diese Berufe alle rechtlichen Grundlagen und zahlreiche Einzelregelungen festgelegt.
Was neben der Meisterpflicht noch zu beachten ist
Die Selbstständigkeit als Handwerker wirft nicht nur die Frage nach der Meisterpflicht auf. Es gibt weitere Genehmigungen bei anderen Ämtern, wie dem Bau- oder Gesundheitsamt, die dafür notwendig sein können. Das sollten Sie ebenfalls im Blick behalten.
So müssen Sie bauliche Veränderungen beim Bauamt oder der Bauaufsichtsbehörde beantragen. Wenn Sie in der Gastronomie oder im Lebensmittelgewerbe tätig werden, brauchen Sie Genehmigungen vom Gesundheitsamt. Das Gewerbeaufsichtsamt achtet auf die Einhaltung der Vorschriften zum Arbeits-, Umwelt- und Verbraucherschutz. Bei einigen Tätigkeiten ist eine Sachkundeprüfung durch die Industrie- und Handelskammern notwendig.
Warum kam es 2004 zur Abschaffung der Meisterpflicht in einigen Handwerksberufen?
Die rot-grüne Bundesregierung erhoffte sich von der reformierten Handwerksordnung mehr Wettbewerb und einen Anstieg der Unternehmensgründungen . In Deutschland war zu dieser Zeit die Arbeitslosigkeit sehr hoch. Im Zuge der Sozial-Reformen im Jahr 2004 beschloss die Regierung, 53 Handwerksberufe zu deregulieren.
Anlage A und Anlage B der Handwerksordnung
Die zulassungspflichtigen Berufe des Handwerks stehen in Anlage A der Handwerksrolle. Für diese Handwerke ist der Meistertitel erforderlich für die Betriebsgründung. 2004 wurden zahlreiche Ausnahmeregelungen eingeführt, wie beispielsweise die Altgesellenregelung. Diese besagt, dass erfahrene Gesellen ebenfalls einen eigenen Betrieb gründen dürfen. Die Meisterpflicht gilt noch für 53 Gewerke, bei deren Ausübung, so die Auffassung der Bundesregierung, Gefahr für Gesundheit oder Leben Dritter besteht . Es geht um die Abwehr von Qualitätsmängeln und daraus möglicherweise entstehenden Fehlern. In den zulassungsfreien Berufen existieren seit der Neuordnung der Handwerksordnung keine spezifischen Berufsqualifikationen mehr. Die Selbstständigen können aber jederzeit auf freiwilliger Basis den Meistertitel erwerben, sofern dies in der Ausbildungsordnung vorgesehen ist.
All diejenigen, die in einem Handwerksberuf einen Meisterbrief innehaben, dürfen auch Lehrlinge ausbilden. Der Ausbilderschein, auch Ausbildereignungsprüfung genannt, ist Teil der Ausbildung der Meister. In den Handwerken dürfen Sie in den zulassungsfreien Berufen ebenfalls ausbilden, wenn Sie die Meisterprüfung oder eine fachliche Prüfung absolviert haben. Ohne Meisterbrief sind zudem einige Jahre Berufserfahrung erforderlich. Überdies ist es notwendig, berufs- und arbeitspädagogische Kompetenzen nachzuweisen.
Für 12 Berufe: Wiedereinführung der Meisterpflicht 2020
In der Regierung wurden verstärkt Stimmen laut, die Meisterpflicht wieder einzuführen. Schließlich haben mehrere Bundestagsfraktionen vor der Sommerpause 2019 einen entsprechenden Antrag gestellt. Nach einer Prüfung der Anträge im Wirtschaftsausschuss hat der Bundestag im Dezember 2019 ein neues Gesetz beschlossen. Demzufolge soll ab 2020 in diesen 12 Handwerksberufen wieder die Meisterpflicht eingeführt werden:
Orgel- und Harmoniumbauer
Fliesenleger/Plattenleger/Mosaikleger
Drechsler- und Holzspielzeugmacher
Raumausstatter
Estrichleger
Böttcher
Behälter- und Apparatebauer
Rollladen- und Sonnenschutztechniker
Glasveredler
Schilder- und Lichtreklamehersteller
Parkettleger
Betonstein- und Terrazzohersteller
Ein wesentlicher Grund für die erneute Ausweitung der Meisterpflicht sehen die Befürworter im verbesserten Verbraucherschutz, also in der höheren Qualität der Arbeit und einer besseren Ausbildungsleistung, insbesondere in den zulassungsfreien Handwerken. Die Wiedereinführung der Meisterpflicht soll die Leistungen im Handwerk verbessern und die betrieblichen Strukturen stärken und sie nachhaltiger und wettbewerbsfähiger machen.
Der zuständige Bundesminister Peter Altmaier weist auf der Kriterium der Gefahrengeneigtheit mit Blick auf die Wiedereinführung der Meisterpflicht für einige Berufe hin. Das aber erklärt die Beschränkung auf gerade diese 12 Berufe nicht unbedingt. Daher wird der Schutz von Kulturgütern als weiteres Argument für die Wiedereinführung der Meisterpflicht angeführt. In 5 Jahren sollen die Entwicklungen überprüft werden. Nicht ausgeschlossen ist, dass die Meisterpflicht auch in anderen Bereichen wieder für eine Betriebsgründung eingeführt werden könnte.
Das sagen die Befürworter zur Wiedereinführung der Meisterpflicht 2020:
Bessere Qualität im Handwerk durch den Meistertitel
Bessere Ausbildung durch fundierte Fachkenntnisse
Meisterbrief gibt einen Qualitätsrahmen vor, was auch im Sinn der Verbraucher ist
Beschäftigte in B-Branchen profitieren von der Wiedereinführung, weil der Gründer qualifiziert ist
Durch die Meisterpflicht haben Betriebsgründer mehrjährige Ausbildung und Berufserfahrung
Meisterbrief sichert eine Mindestqualität im Handwerk
Meisterbrief gibt während der Ausbildung das Rüstzeug zur Unternehmensgründung durch entsprechende Ausbildungsinhalte
Meisterbetriebe sichern Innovationen und den Wissenstransfer für die künftigen Generationen, was den Wirtschaftsstandort Deutschland nachhaltig stärkt.
Bestandsschutz: Was gilt für selbstständige Handwerker in den 12 genannten Berufen?
Wer sich als Handwerker seit 2004 in einem der genannten 12 Berufe selbstständig gemacht hat, muss durch die Reform der Handwerksordnung in Bezug auf die Meisterpflicht keine Auswirkungen fürchten. Das Gesetz sieht vor, dass bereits existierende Betriebe unter Bestandsschutz stehen sollen. Sie sind insofern nicht direkt von der wiedereingeführten Meisterpflicht betroffen. Indirekt aber wohl durch neue, auf den Markt drängende Meisterbetriebe in Zukunft als unmittelbare Konkurrenz. Wer plant, sich 2020 selbstständig in einem der genannten Handwerksberufe zu machen, muss wieder mit der Meisterpflicht als formaler Hürde rechnen.
Was die Gegner dazu sagen
Es gibt auch viele Kritiker und Gegner der Wiedereinführung der Meisterpflicht. Das sind vor allem kleinere Parteien, der Berufsverband unabhängiger Handwerker sowie die Monopolkommission. Sie argumentieren ferner, dass der Markt unnötig verknappt würde und Kunden infolge dessen mit längeren Wartezeiten zu rechnen hätten. Auch der Fachkräftemangel würde sich durch diesen Beschluss verschärfen.
Die Argumente der Gegenseite lauten:
Die Wiedereinführung der Meisterpflicht löst nicht die aktuellen Probleme im Handwerk , wie sich das die Bundesregierung erhofft.
Ein Eingriff in die Berufsfreiheit muss gut begründet werden, so wie es im Grundgesetz steht.
In der Praxis erledigen Gesellen und Azubis viele Arbeiten und nicht die Meister.
Die Meisterpflicht im Elektro-, Bäckerhandwerk oder bei den Heizungsbauern gewährleistet nicht, dass die Handwerksmeister dadurch auch immer auf dem neusten technischen Stand sind.
Eine Berufszugangsberechtigung ist nicht zielführend für eine höhere Ausbildungsleistung in den Handwerksberufen.
Betriebsgründungen werden durch die erweiterte Meisterpflicht zurückgehen.
Die Wiederausweitung der Meisterpflicht wird den Fachkräftemangel verschärfen.
Die Verbraucher werden dadurch nicht vor Pfuscharbeiten geschützt.
Zusammenfassung: Alles Wichtige zur Meisterpflicht bei der Gewerbeanmeldung auf einen Blick
Wer sich im Handwerk selbstständig machen will, muss die Handwerksordnung als formalen Rahmen beachten.
Zu prüfen ist, ob für den Beruf die Meisterpflicht vorgesehen ist.
Anlage A der Handwerksordnung enthält zulassungspflichtige Berufe, für die im Rahmen der Selbstständigkeit ein Meistertitel vorzuweisen ist.
In der Anlage B finden sich zulassungsfreie Berufe, bei denen die Selbstständigkeit ohne Meistertitel möglich ist.
Wer langjährige Erfahrungen in leitender Position nachweisen kann oder einen Meister in leitender Position einstellt, kann auch ohne eigenen Meistertitel auf alternativem Weg einen Betrieb gründen.
Durch eine Reform gilt ab 2020 für 12 Handwerksberufe wieder die Meisterpflicht (siehe Liste oben).
Bisherige Betriebe in diesen Bereichen sind nicht betroffen, für sie ist ein Bestandsschutz vorgesehen.
Wichtig: Was ändert sich bei meiner Krankenversicherung nach der Gewerbeanmeldung?
Im Zuge Ihrer Gewerbeanmeldung sollten Sie sich nun zeitnah um Ihre Krankenversicherung kümmern. Als Selbstständiger sind Sie nicht mehr automatisch Pflichtmitglied in Ihrer gesetzlichen Krankenkasse und müssen sich dort auf Antrag befreien lassen. Die Beiträge werden nun nach Ihrem Einkommen erhoben. Die Kosten belaufen sich im Jahr zwischen...