Nebengewerbe und Hauptgewerbe: Unterschiede & Wechsel
Vor der Existenzgründung steht die Beschäftigung mit dem Gewerbebegriff an, sofern es sich nicht um eine freiberufliche Tätigkeit handelt. Die Begriffe Hauptgewerbe und Nebengewerbe fallen dabei oft, ohne differenziert bzw. mit Blick auf konkrete Auswirkungen betrachtet zu werden. Das wird dieser Ratgeber mit 5 Minuten Lesezeit ändern. Sie können danach die Unterschiede zwischen Hauptgewerbe und Nebengewerbe benennen und wissen, wie Ihnen perspektivisch der Wechsel vom Neben- zum Hauptgewerbe gelingt. Auch steuerliche Unterschiede werden wir hier in kompakter Form verdeutlichen.
Perspektiven: Wie selbstständig machen …?
… mit einem Nebengewerbe oder direkt einem Hauptgewerbe? Beim Nebengewerbe als Einstieg in die Existenzgründung handelt es sich keinesfalls um ein seltenes Modell. Daten des KfW Gründungsmonitors zeigen, dass mehr als 50 % aller Gründer im Nebenerwerb starten. Das hat den Hintergrund, dass viele den Schritt in die Selbstständigkeit und insbesondere finanzielle Risiken scheuen. Während der Hauptjob weiter das Haupteinkommen liefert, kann die Geschäftsidee im Nebenerwerb getestet und aufgebaut werden. Zentrale Unterschiede sind damit direkt benannt: Ein Hauptgewerbe dient der Lebensgrundlage, es stellt das höchste Einkommen dar. Ein Nebengewerbe ist hingegen zeitlich und finanziell begrenzt, da es rein formal nicht den Schwerpunkt ausmachen darf.
Wird ein Nebengewerbe finanziell ertragsstärker als der Hauptberuf, ist es Zeit für den Wechsel. Auch um diesen Schritt wird es im folgenden Ratgeber gehen. Durch die Definitionen weiter unten lassen sich die Unterschiede zwischen Haupt- und Nebengewerbe noch konkreter benennen.
Checkliste: Was unterscheidet Haupt- und Nebengewerbe?
- Ein Nebengewerbe stellt eine angemeldete gewerbliche Tätigkeit dar, die nicht im Haupterwerb ausgeführt wird.
- Ein zentrales formales Kriterium der Sozialversicherungsträger bzw. Krankenkassen sind 20 Arbeitsstunden pro Woche: Bis zu dieser Grenze kann ein Nebengewerbe vorliegen, darüber handelt es sich im Regelfall um ein Hauptgewerbe.
- Eine weitere Abgrenzung ist über die Höhe der Einkünfte möglich: Ein Nebengewerbe bringt deutlich weniger Einkommen als ein Hauptberuf oder auch Hauptgewerbe.
- Die Art des Gewerbes hat keinen Einfluss auf die Rechtsform.
- Bei der Gewerbeanmeldung müssen Gründer angeben, ob die Tätigkeit (vorerst) im Nebenerwerb ausgeübt wird. Die Gewerbeanmeldung selbst unterscheidet sich aber nicht, auch für ein Nebengewerbe sind je nach Geschäftstätigkeit Nachweis- und Erlaubnispflichten zu beachten.
- Die Grenze zwischen Haupt- und Nebengewerbe ist vor allem steuerrechtlich und sozialversicherungstechnisch relevant.
- Wichtig! Nebengewerbe ist nicht mit Kleingewerbe zu verwechseln. Dabei handelt es sich um einen Betrieb, der im ersten Geschäftsjahr nicht mehr als 22.000 Euro Umsatz erwirtschaftet, im Folgejahr nicht mehr als 50.000 Euro. Wer ein Nebengewerbe betreibt, kann über diese Grenzen hinaus verdienen, solange der Haupterwerb die höhere Einnahmequelle darstellt.
Definition: Was ist ein Hauptgewerbe?
Hierunter ist ein Gewerbe im Vollerwerb zu verstehen, das nicht mehr als Nebenverdienst einzustufen ist. Formaler Richtwert ist das Überschreiten einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden und ein alleiniger oder höherer Verdienst als im Angestelltenverhältnis. Von einem Hauptgewerbe ist auch auszugehen, wenn ein Mitarbeiter mehr als geringfügig beschäftigt wird. Arbeitszeit und Höhe des Einkommens sind somit die wichtigsten Merkmale, um ein Haupt- von einem Nebengewerbe unterscheiden zu können. Im Einzelfall sind die Grenzen nicht immer eindeutig, sodass die Voraussetzungen zu prüfen sind.
Wer hauptberuflich selbstständig ist, muss die Sozialversicherungskosten selber tragen. Wer hingegen im Nebenerwerb selbstständig ist, kann über seine Haupttätigkeit sozialversichert bleiben. Das zeigt, warum eine klare Unterscheidung direkt zu Beginn notwendig ist.
Definition: Was ist ein Nebengewerbe?
Hierbei handelt es sich um ein anzumeldendes (!) Gewerbe, das nicht in Vollzeit ausgeübt wird. Vom Gesetz her ist keine konkrete Unterscheidung zwischen Neben- und Hauptgewerbe vorgesehen, vielmehr sind in der Praxis die genannten Paramater wie Wochenarbeitsstunden oder Verdiensthöhe entscheidend. Arbeitnehmer, die ein Nebengewerbe anmelden wollen, sollten ihren Arbeitgeber um Erlaubnis fragen. Es sollten keine direkten Interessenskonflikte entstehen. Im Regelfall werden sich die meisten Arbeitgeber einverstanden erklären, sofern das Nebengewerbe sich nicht negativ auf die Tätigkeit auswirken wird.
Steuerliche Unterschiede Hauptgewerbe vs. Nebengewerbe
Anzumelden ist grundsätzlich jede Form der gewerblichen Tätigkeit. Ob und welche Steuern in welcher Höhe zu zahlen sind, hängt von der individuellen Einkommenssituation ab. Gewerbesteuer ist in beiden Fällen erst jenseits des jährlichen Freibetrages von 24.500 Euro zu zahlen. Tendenziell wird die Gewerbesteuerlast bei einem Nebengewerbe geringer ausfallen.
Der ausgezahlte Lohn unterliegt der Einkommenssteuer, die beim Hauptgewerbe den progressiven Steuertarifen unterliegen. Will heißen: Mit zunehmender Gewinnhöhe steigt auch der persönliche Steuersatz. Bei einem Nebengewerbe können je nach Einkommensverhältnissen geringere Steuersätze und Freibeträge geprüft werden. Grundsätzlich sind zusätzliche Einnahmen aus einem Nebengewerbe aber auch zu versteuern!
Umsatzsteuerpflichtig sind generell beide Arten von Gewerbe. Wer mit einem Nebengewerbe startet, kann allerdings die Kleinunternehmerregelung prüfen. In diesem Fall darf auf den Ausweis von Umsatzsteuer verzichtet werden, sofern die Einnahmen in Jahr 1 nicht über 22.000 Euro liegen. Alles, was über diese Grenze und 50.000 Euro für das 2. Geschäftsjahr liegt, ist umsatzsteuerpflichtig. Umsatzsteuer wird als durchlaufender Posten regelmäßig bei der Umsatzsteuer-Voranmeldung an das Finanzamt abzuführen sein.
Die Sozialversicherung (Rente und Krankenkasse) wird im Regelfall durch die Haupttätigkeit getragen. Bei einem Hauptgewerbe sind Beiträge also zu 100 % selbst zu tragen, bei einem Nebengewerbe kann die Sozialversicherung weiter über den Hauptjob abgewickelt werden.
Brauche ich für ein Nebengewerbe eine separate Krankenversicherung?
Nein! Sofern das Nebengewerbe zeitlich und finanziell der Haupttätigkeit untergeordnet ist, sind keine separate Krankenversicherung geschweige denn Zusatzkosten notwendig. Wird das Neben- zum Hauptgewerbe, läuft die Krankenversicherung darüber. Als Gewerbetreibender eröffnet sich die Option, in die private Krankenversicherung zu wechseln oder aber im gesetzlichen System als freiwillig Versicherter zu bleiben.
Umwandlung: Wie von Nebengewerbe zum Hauptgewerbe wechseln?
Es ist perspektivisch problemlos möglich, von einer Nebenerwerbsgründung in eine Haupterwerbsgründung zu wechseln. Im Einzelfall kann es auch möglich sein, den Gründungszuschuss weiterhin zu nutzen. Auch hier gilt wie bei diesem gesamten Thema: Die persönlichen Einkommensverhältnisse sind entscheidend, was auch für den Bezug von ALG I oder Bürgergeld in der Gründungsphase gilt.
Wann vom Nebengewerbe ins Hauptgewerbe wechseln?
Der Wechsel vom Neben- zum Hauptgewerbe steht an, sobald der überwiegende Teil der Wochenarbeitszeit für das Nebengewerbe genutzt wird und dieses die höhere Einkünfte erzielt. Viele Gründer werden dann ihren Hauptjob kündigen oder die Wochenarbeitszeit so weit zurückfahren, bis es sich um einen Nebenjob handelt. Sofern das Leistungsspektrum erweitert wird bei diesem Schritt, ist auch eine Gewerbeummeldung notwendig. Es kann sein, dass weitere Nachweis- und Erlaubnispflichten auf den Gründer zukommen. Daher sollte dieser Schritt langfristig geplant werden, um die individuellen Voraussetzungen frühestmöglich in Erfahrung zu bringen.
Denkpause: Was spricht für die Existenzgründung im Nebenerwerb?
Wie einleitend beschrieben, gehen immer mehr Gründer den Schritt über den anfänglichen Nebenerwerb, der perspektivisch in ein Hauptgewerbe münden kann. Diese Gründe sprechen dafür, die Existenzgründung zunächst nur im Nebenerwerb voranzutreiben:
- Testen der Geschäftsidee ohne finanziellen Druck: Hat sie wirklich Potenzial?
- Der Hauptjob liefert in der Startphase finanzielle Sicherheit.
- Überprüfung unter Realbedingungen, ob man wirklich ein Unternehmertyp ist.
- Es handelt sich um eine Geschäftsidee bzw. ein Produkt, das noch reifen muss (die Zeit bis zur Marktreife lässt sich mit einem Nebengewerbe aktiv gestalten).
- Viele Arbeitgeber tolerieren eine nebenberufliche Gründung, zumal Fachkräfte dringend gebraucht werden.
Nebenberuflich Gewerbe anmelden
Fazit zu Unterschieden zwischen Hauptgewerbe und Nebengewerbe
Sie wissen jetzt, was ein Nebengewerbe vom Hauptgewerbe unterscheidet bzw. welche formalen Kriterien (Wochenarbeitszeit und Verdiensthöhe als zentrale Abgrenzungsvariablen) damit einhergehen. Obwohl es Unterschiede gibt, handelt es sich nicht um Ausschlusskriterien! So kann aus einem Nebengewerbe perspektivisch ein Hauptgewerbe werden und umgekehrt (wenn die Nachfrage sich plötzlich viel schlechter entwickelt).
Wichtig ist, Klarheit über die eigenen Ziele und formalen Rahmenbedingungen zu erlangen, da die Sozialversicherung über die Haupteinnahmequelle abgewickelt wird. Nicht zu verwechseln ist das Nebengewerbe mit einem Kleingewerbe: Beim Kleingewerbe geht es nur um die Befreiung von der Umsatzsteuer unterhalb einer gewissen Grenze. Beim Nebengewerbe geht es nicht um die Höhe der Einnahmen, sondern um das gleichzeitige Ausüben einer weiteren Haupttätigkeit (die selbstständig oder nicht selbstständig sein kann).
Wichtig: Was ändert sich bei meiner Krankenversicherung nach der Gewerbeanmeldung?
Im Zuge Ihrer Gewerbeanmeldung sollten Sie sich nun zeitnah um Ihre Krankenversicherung kümmern. Als Selbstständiger sind Sie nicht mehr automatisch Pflichtmitglied in Ihrer gesetzlichen Krankenkasse und müssen sich dort auf Antrag befreien lassen. Die Beiträge werden nun nach Ihrem Einkommen erhoben. Die Kosten belaufen sich im Jahr zwischen...
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